Will McBride: Lieblingsbilder
Im Sommer 2014 verbrachten wir viel Zeit mit Will McBride. Es ging auch um seine Farbarbeiten, die für den Kunstmarkt nicht zur Verfügung standen, denn der Fokus der Rezeption von Will McBride liegt bekanntermaßen auf seinen dokumentarischen und bildjournalistischen Arbeiten in Schwarz-Weiß. Aus einem verstaubten Karussell zog Will ein Diapositiv nach dem anderen, die ganz offensichtlich bei einem seiner Diavorträge zuletzt gezeigt wurden. Einzelne der Motive kannten wir aus Büchern und in seinem Archiv standen auch zwei oder drei größere Farbfotos, die aber als Testabzüge nur von geringer technischer Qualität waren. Will wollte die von ihm ausgewählten Motive unbedingt groß sehen!
Auf der Suche nach optimaler Qualität wurden wir bei Michael Maria Müller und seiner Berliner Werkstatt für digitale Druckkunst, Artificial Image, fündig. Ein längerer Prozess begann: High End Scan vom Kleinbild Dia, sorgsame Restaurierung, die Wahl des richtigen Druckprozesses, die Entscheidung über die richtige Größe, das richtige Papier. Als wir dann im späten Herbst 2014 das Optimum erreichten: Wills Leuchten in seinen hellblauen Augen, seine Freude beim Betiteln und Signieren, sein Zwinkern mit dem Auge bei einer Verabschiedung im Treppenhaus. Er sagte: „Das sind meine Lieblingsbilder!“
Will McBride – der im Herbst 2014 auch parallel die ‚Salem Suite‘ und eine große Ausstellung zur Wiedereröffnung von C/O Berlin vorbereitete –, war der eigenen Vergangenheit und der Festlegung auf schwarz-weiß vielleicht manchmal müde. Als Maler großer bunter Bilder wollte man ihn nicht, und auch sein „No-War-Memorial“ durfte er nie bauen. Dabei zeigen gerade die neuen Abzüge seiner Farbarbeiten, dass Will Farbschattierungen genauso virtuos wie Schwarz-Weiß und Grau beherrschte. Er befreit damit seine Protagonisten aus dem rauen Reportage-haften Zusammenhang, um sie zum Beispiel in einen weit intimeren und fast elysisch schönen Farbraum zwischen zartem Blau und weichem Braun zu setzen.
Warum wollen wir Will McBrides Fotos immer in Schwarz-Weiß sehen? Sind uns die Motive durch die Distanz erträglicher? Gilt noch immer der von Hervé Guibert 1981 formulierte Gedanke, dass das erotische und künstlerische Foto schwarz-weiß zu sein hat, das pornografische Foto derweil rosig? Was denken wir dann über diesen rosigen erigierten Penis, der aus einer zeitgemäßen Feinripp-Unterhose ragt? Will wollte ihn unbedingt dabei haben und betitelte ihn schlicht mit „Uli’s Schwanz“. Wäre auf dem Bild auch noch ein Kondom zu sehen, wären wir übrigens mitten in der safy-sex-Kampagne der Schirner Zang Foundation aus dem Jahr 2016.
Die jetzt vorliegende Serie „Lieblingsbilder“ umfasst sieben Motive, die in einer Auflage von zwei bis fünf Exemplaren gedruckt wurden. Alle Abzüge wurden von Will McBride betitelt und signiert.
Gerne hätten wir mit Will weitere seiner Farbdias bearbeitet und auf Papier gebracht – und damit vielleicht einen ganz neuen Aspekt seiner Arbeiten aufdecken können. Seine Kraft hat dafür nicht mehr gereicht. Er starb am 29. Januar 2015.